Mein Jahr 2020 in Fernsehwerbung: Ein Selbstexperiment
Im Jahr 2019 hatte ich eine zündende Idee für einen neuen Selbstversuch im kommenden Jahr 2020. Immer wieder nehme ich mir ein Thema vor, das ich dann ein Jahr lang verfolge. Schon lange hatte ich mich gefragt: Wie viel Fernsehwerbung sieht man eigentlich als Zuschauer in einem Jahr? 2020 kam dann das Coronavirus, und wir blieben – soweit es möglich war – brav zu Hause. Das waren die idealen Voraussetzungen, um dieses Experiment endlich einmal zu starten und ein Jahr lang alles zu notieren.
Folgende Kriterien erfasste ich in meiner TV-Werbung-Statistik:
Welche Uhrzeit hatte der Werbeblock, und wie lange dauerte er? Auf welchem Sender und zu welcher Zeit lief er? Welche Produkte wurden beworben, und wie lange war ein einzelner Werbespot? Ich notierte außerdem die Namen der Hersteller und recherchierte später die zugehörigen Dachkonzerne. Am Ende hatte ich eine riesige Menge an Daten gesammelt, die ich zunächst mit Papier und Bleistift auswertete. Dabei verbrauchte ich 20 Pinselstifte, 5 Tuschestifte, 6 Kugelschreiberminen und 4 Collegeblöcke – ein deutlich teurerer Selbstversuch als die vorherigen.
Nach Hunderten von Stunden Arbeit hatte ich schließlich alles analysiert und in einer sauberen, übersichtlichen Tabelle am heimischen Computer zusammengetragen.
Wie viel Zeit verbrachte ich tatsächlich vor der Werbefernsehen?
Insgesamt waren es 396.816 Sekunden Fernsehwerbung, die ich gesehen habe. Dabei analysierte ich 47 Fernsehsender – darunter öffentlich-rechtliche, private, ausländische Kanäle und auch YouTube. Das ergab umgerechnet eine Werbezeit von:
4 Tagen, 14 Stunden, 13 Minuten und 36 Sekunden, vor allem während der Hauptsendezeit von 20 bis 24 Uhr. Hinzu kamen einige Ausreißertage aufgrund von Erkältungen, an denen ich auch am Nachmittag oder spät in der Nacht, wenn ich nicht schlafen konnte, ferngesehen habe.
Spitzenreiter Pro7 und YouTube bei Werbespotlängen
Das entsprach 1.571 Werbeblöcken, in denen 1.383 Produkte in insgesamt 20.410 Werbespots beworben wurden. Der längste Werbeblock dauerte 15 Minuten und enthielt 15 Werbespots, ausgestrahlt auf Pro7.
Der längste einzelne Werbespot dauerte 6 Minuten und zeigte ein Auto. Er wurde auf YouTube ausgespielt.
Die Werbespots selber sortierte ich nach Warenarten wie Autos, Versicherungen, Lebensmitteln, Tierbedarf, Spendenspots und was es alles gab….
Die meisten Werbespots (2.602) beworben Fernsehsendungen, die auf dem jeweiligen Sender zu einem anderen Zeitpunkt ausgestrahlt wurden. Dicht dahinter folgten Werbespots für Serien (1.036) und Spielfilme (969). Danach kamen Streamingdienste (814) sowie Medikamente (791) und weitere Kategorien. Die Schlusslichter bildeten vegane Ersatzprodukte (3) und Backwaren wie Brot (4).
Falls jemand Interesse an einer ausführlicheren Liste hat, kann er mir gerne eine E-Mail schreiben und kurz erklären, warum er die Liste benötigt.
Global Player wirklich so mächtig im Werbefernsehen?
Mir fiel auf, dass die Unternehmen, über die in den sozialen Netzwerken oft geschimpft wird und die als „böse Global Player“ gelten, die wenigsten Werbespots sendeten (Namen auf Anfrage erhältlich). Interessanterweise waren es hingegen die Firmen, die man gemeinhin als „nett“ betrachtet, die die meisten Spots schalteten. Auffällig war außerdem, wie stark die meisten Unternehmen miteinander verflochten sind und wie oft Firmen hin und her verkauft werden.
Im Bereich Süßwaren, der insgesamt mit 942 Werbespots vertreten war, stach ein einziger Süßwarenkonzern heraus: Er war für 443 Einzelspots verantwortlich. Dies fiel den Zuschauern jedoch weniger auf, da er mit 28 verschiedenen Markenprodukten aus seinem Sortiment warb. Ich würde behaupten, dass er der größte unter den Werbekunden ist – in diesem Bereich konnte keine andere Firma mithalten.
Bei technischen Produkten zeigt sich ein anderes Bild: Bis auf eines waren alle Hersteller zwar teilweise deutsch klingend, gehören heute aber internationalen Firmen. Die Kosmetikindustrie hingegen ist fest in der Hand von Unternehmen aus Frankreich, England und den USA.
Ebenfalls war ich erstaunt, wie private Fernsehsender verstrickt sind.
Gerade die Werbespots, die einem am meisten auf die Nerven gingen oder besonders langweilig waren, stammten von Tochterfirmen der Fernsehsender selbst, wie z. B. einem Wetterdienst, Partnervermittlungen, Glücksspielanbietern, Zeitungen oder Möbelhäusern. Die Namen der Firmen und Konzerne erwähne ich hier absichtlich nicht, da manche vermutlich nicht möchten, dass ihre Verstrickungen offengelegt werden – auch wenn all diese Informationen frei im Internet zugänglich sind.
Trau, schau, wem…
Liste der gesehenen Fernsehsender die ich konsumierte im Werbefernsehen Selbstexperiment.
ARD, ZDF, Bayrischer Rundfunk, ORF2, NDR, Phoenix, Sat.1, RTL, Pro7, TV München, Kabel 1, Kabel 1 Doku, VOX, DMAXX, Arte, RTL plus, RBB, YouTube, ARD ONE, TLC, Pro 7 Maxx, SIXX, Vox up, BBC World, Welt, MDR, Kika, Servus TV, Comedy Central, Tele 5, SAT.1 Emotions, SAT.1 Gold, Deluxe Musik, SWR, Welt der Wunder, ZDF Neo, Disney (freier Sender), N 24 Doku, N 24, Bibel TV, ARD Alpha, Super RTL, 3 Sat, QVC, Tagesschau 24, ZDF Info, WDR.
Bei Verkaufssendern habe ich nur die Waren aus den Werbeblöcken notiert, nicht die Produkte, die während der längeren Verkaufssendungen von Moderatoren präsentiert wurden.
Was kann man abschließend sagen?
Es gibt ein paar wenige Firmen, die Werbung schalten. Die Fäden ziehen einige großen Dachkonzerne. Mittelständler sind Vertreten aber fallen kaum auf bei dieser Werbemasse.
Ich finde, es war ein gelungenes Experiment, das jedes Jahr anders aussehen kann, da Trends von den werbenden Firmen immer gerne aufgenommen. Im Jahr 2020 waren es Vegan oder Hörbücher.
Wichtig! Dieser Text unterliegt meinem Copyright Manuela Merl und meinem Urheberrecht, Teile oder der ganze Text dürfen nur mit Rücksprache entnommen oder kopiert werden. Danke! Denn jeder hat seine eigenen Ideen und Hirn und muss nicht abkupfern.

Schon irre, wie viel Zeit man vor der Glotze hockt. Die Werbung für Haarzeug nervt mich, so viele Teile, da weiß ich gar nicht mehr, was ich kaufen kann. Da schalt ich ab.